Torfhaus

Kraxi 

Wie schon bei Wildenhain erwähnt, bin ich der Kranich Kraxi, und seit August 2004 das Maskottchen von Wildenhain. Neben mir steht „Wiwo“ das Wollgras. Erschaffen hat uns im Auftrag des „Heimatvereins Wildenhain“ e.V. Wilma Becker. Ich und mein Gehilfe „Wiwo“ sollen den Ort Wildenhain berühmt machen und den Gewerbetreibenden helfen, ihre Waren an den Mann zu bringen.

 

Auf dieser Seite möchten wir Euch etwas von unserem Ursprung, dem „Wildenhainer Bruch“ und dem Torfhaus erzählen. Seid daher sehr aufmerksam beim Lesen und wir wünschen viel Spaß!

Wiwo

Das Torfhaus hat seine Gründung dem Torfabbau im heutigen „Wildenhainer Bruch“ zu verdanken. Es wurde als Kolonie Torfhaus am Nordwestrand des Bruches errichtet. Die ersten Gebäude waren für den Torfmeister und einige Auflader. In seiner jetzigen Form gleicht der Ort einem „Vierseithof“. Die innere Fläche diente damals als „Markt“ und wurde von vielen Händlern an Löhnungstagen zum Feilbieten ihrer Waren genutzt. Auf Karten von 1810 und 1851 sieht man die Veränderungen im Torfabbau, der Gebäude und Wegeführungen.

 

Nach dem Angaben Verzeichnis sämtlicher Förstereien im Regierungsbezirk Merseburg (1910) lag rechts von der „Vier“ kommend das alte Forsthaus (Fachwerk) vom früheren Schutzbezirk Torfhaus II. Schräg rechts davon, das 1871 gebaute Forsthaus. 

 

Im Sterberegister von Wildenhain des Jahres 1870 unter Nr. 10 ist vermerkt: „Heinrich Marcus Benjamin Rathmann (oder Rothmann), königlicher Förster und Torfmeister, 
60 Jahre alt, hinterließ eine Witwe mit 10 Kindern, gestorben am 09.09.1870.“ Bisher wurde vermutet, dass er der letzte Torfmeister gewesen sein soll. Nach Recherchen von Herrn Forstoberrat Bernd Bendix war der letzte Torfmeister 1877 ein Herr Herfurth. Herr Rathmann (Rothmann) war sein Vorgänger. Der letzte königliche Torfinspektor war ein Herr A. Eberhardt. Zu lesen auf einem Torfanweisezettel vom 12.12.1866 und 09.08.1866.

 

Auch war Franz Heinrich Hotzheimer als Förster in der königlichen Torfgräberei tätig. Berichtet wurde von der Geburt von Marie Josephine Holtzheimer (geboren am 6. April 1835, gestorben am 13. April 1876) unter dem Vermerk von Josephine Holtzheimer am 26. Dezember 1862 in der Torfgräberei Wildenhain.

 

Zu nennen wäre auch der Förster Jacobi, zu lesen im Amtsblatt der Königlich Preußischen Regierung (1829) zu einer Holzversteigerung von Sonnabend, dem 15. Juni 1829.

 

Oder "Oberforst- und Wildmeister, Herr Otto von Loeben, zu Torgau, auch Wildmeister zu Torgau/Dahlen, und Director der im Amtsbezirke Torgau, beym Dorfe Wildenhayn liegenden Torgräberey, Kammerjunker. Forstschreiber, Hr. Johann Wilhelm Adam, daselbst“ (Königlich Sächsischer Hof- und Staatskalender auf das Schaltjahr 1812).

 

Auch diese Anzeige wäre erwähnenswert: „Allen, die sich unserer freundschaftliche erinnern, sagen wir bei unserem Abgang von hier ein herzliches Lebewohl. Torfgräberei bei Wildenhayn, den 1. October 1829, Familie Granert“.

 

Aus einem Brief des Consistoriums Wittenberg vom 25. Mai 1808 an den König von Sachsen über die „Erlaubnis für die Einwohner der zur Parochie (Pfarrbezirk) Wildenhayn gehörigen Winkelmühle und Torfgräberey ihre Kinder in die Schule zu Battaune schicken zu dürfen“ (Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden) ist zu entnehmen, dass die Torfgräberei erst 15 Jahre bestand. Daraus ließe sich schließen, dass mit der Torfgräberei im Torfhaus im Jahre 1793 begonnen wurde. Nach neueren Hinweisen aus dem Landesarchiv Sachsen-Anhalt (Standort Wernigerode) wurde durch Herrn Bendix ist klargestellt, dass mit der Torfgewinnung schon 1791 begonnen wurde. 

 

Erste Versuche den gewonnen Torf für die Schmelzung von Metall zu verwenden lässt sich aus der Akte „Die Wildenhayner Torfgräberei anno 1794“ (Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden) nachlesen. Hierin wird beschrieben, wie der Torf gewonnen wurde, die erforderlichen Geräte, dessen Lagerung und Beschaffenheit und wie die Verkohlung des Torfes erfolgte.

 

Willy Jammermann und Volker Pohlenz berichteten in ihren Illustrierten Beiträgen zur Heimatgeschichte „Der Schwarzbach“ (1997) über den Beginn der Torfstecherei.

 

Auch der Weidenhainer Wilfried Oelschner beschäftigte sich mit der Geschichte des Torfhauses, wie auch Dieter Cäsar.

 

Durch den gestiegenen Holzkohlebedarf in Kursachsen wurde 1785 der Oberforstmeister von der Schulenburg durch die kursächsische Forstverwaltung Dresden mit der Austorfung des Wildenhainer Lagers beauftragt. Der Wildenhainer Förster Streubel wies vorher auf die beiden Lagerstätten des Wildenhainer und Zadlitzbruches hin. Dessen Größe betrug 800 Morgen (200 ha) und hatte eine Mächtigkeit von 2,00 - 2,50 m.

 

1790 begann im Wildenhainer Forst der Einschlag der Holzbestände, die sich über dem Torflager erhoben. Begonnen wurde mit der Austorfung an den „Lößnitz-Wiesen“, die an der „Vier“ lagen. Arbeitskräfte kamen aus den nahe liegenden Dörfern (Wildenhain, Pressel, Wöllnau, Battaune, Doberschütz).

 

Der Torf ließ sich als „Stichtorf“ und „Streichtorf“ verwenden, bevorzugt wurde der Streichtorf. Zur Herstellung war eine Form nötig, die für die Fertigung von 15- 20 Ziegeln berechnet war. Die Größe der Ziegel war 10 x 4 x 4 Zoll (1 Zoll = 2,615 cm).

Der Torf musste eine lange Zeit trocknen bevor er in Klaftern (1,97 m³) verkauft werden konnte. Ein Beleg („Torfanweisezettel“) aus dem Jahre 1866 weist den Verkauf nach. 

 

Allein die Torgauer Schloßkaserne soll jährlich 70.000 Stück aus der königlichen Torfgräberei bezogen haben.

 

Hauptabnehmer des Torfes war die Saline Dürenberg und das Alaunwerk Düben.

 

Durch Herrn Richter aus Bad Dürenberg war zu erfahren, dass die Holzknappheit die Ursache für die Lieferung war, bevor man auf die Kohlelieferung überging. In einem beigefügten Blatt zur Salzsiedung wurden 11,130750 Stück (wahrscheinlich mal 1255) Wildenhainer Torf zwischen 1784 und 1799 verbrannt. Da der Zeitraum auch für andere Brennstoffe galt, konnte Wildenhainer Torf erst ab 1791 geliefert werden. Die erste Lieferung erfolgte jedoch erst 1794.

 

Auch das Alaunwerk Schwemsal wurde bereits 1799 mit Torfziegeln versorgt (lt. Hr. Bendix).

In der „Untersuchung einiger Torfsorten und Bemerkungen über das in solchen wahrgenommenen Kali“ von Wellner (emeritiertem Faktor des K. Pr. Alaunwerkes Schwemsal) Kap. XXVI war zu lesen: „… weil Versuche mit Wildenhainer Torfe die günstigsten Resultate bei der Anwendung diese Brennmaterials gegeben hatten.“

 

1864 wurde der Betrieb im „Wildenhainer Bruch“ eingestellt und 1966 wurde er unter Naturschutz gestellt. 

 

Seit 1995 ist er Teil des Naturschutzgroßprojektes „Presseler Heidewald- und Moorgebiet“ (ca. 6.570 ha).

 

Nach der Torfgräberei wurden zwei Gebäude vom Forst genutzt, so auch das 1871 von der „Vier“ kommende Gebäude.

 

Mit der Auflösung der Forstgutsbezirke am 30.09.1929 durch das Preußische Staatsministerium ging die Kolonie Torfhaus offiziell und letztmalig an die Gemeinde Wildenhain.

 

Die letzte Gaststätte befand sich im Gebäude der Familie Heinze. 

 

Ehemals war sie schräg gegenüber und wurde am Gebäude vom Forsthaus des früheren Schutzbezirkes Torfhaus II angebaut. Bis ca. 1940 soll sie von Frl. Laschke betrieben worden sein. Auf einem Foto unbekannten Datums wurde die Schankwirtschaft auch von Gustav Deutrich betrieben. 

Der Weidenhainer Günter Gutsche, in einem Artikel von Wilfried Oelschner, wurde 1941 im Torfhaus geboren. Bis 1955 sorgte seine Mutter hier für das gastronomische Wohl. Im Landesarchiv Sachsen-Anhalt ist auch ein „Antrag auf Schankerlaubnis des Willi Gutsche, Kolonie Torfhaus bei Wildenhain“ (Laufzeit 1930 bis 1939) hinterlegt. 

Die Entstehung dieser Schänke hängt wahrscheinlich mit der Blütezeit der Torfgräberei zusammen.

 

Im Jahre 1855 lebten im Torfhaus 22 Einwohner. Heute leben hier lediglich 5 Familien.

 

Von 1969 bis 1989 wurde im Torfhaus in der „Kleinen Scheune“ (erbaut 1839) der begehrte Maschendrahtzaun hergestellt. Abnehmer waren die Forst, die LPG’n und Privatpersonen. Beliefert wurde die ganze DDR, und es fanden meist 4 Frauen Arbeit.

 

Die „große wie auch die kleine Scheune“ sind bereits wegen starker Baumängel abgerissen worden. Das Gelände wird jetzt von einem dort ansässigen Forstbetrieb genutzt.

 

Zwei große Waldbrände erschütterten die friedliche Idylle. Am 20.04.1960 brannte eine Fläche von 62 ha und am 09.05.1976 brannten auf der gleichen Fläche 200 ha. Der letzte Waldbrand schädigte den Renaturierungsprozess im „Wildenhainer Bruch“ sehr, da er nahezu leergepumpt wurde.

 

1992 sollte für die Ausflugsgäste ein Kinderspielplatz im Ort errichtet werden, welcher aber von den damals verantwortlichen Naturschützern wegen Lärmbelästigung im „Wildenhainer Bruch“ abgelehnt wurde. So wurde stattdessen an der „Alten Gabel“ in Richtung Winkelmühle eine Schutzhütte errichtet, welche nicht mehr vorhanden ist. Vielleicht findet die Gemeinde in ihrem Haushalt Geld für eine Neuerrichtung. 

 

Das erste Dorflicht erhielt das Torfhaus mit einigen kleinen Episoden im Jahre 1996.

 

Vertreter des Vereins „Dübener Heide“ e.V., des Fördervereins „Ländlicher Raum“ e.V., des „Heimatvereins Wildenhain“ e.V. und Bewohner des Torfhauses trafen sich erstmals am 14. Dezember 1999, um über die Zukunft des Torfhauses zu beraten. Seitdem laufen viele koordinierte Beratungen und Aktionen, um das Torfhaus touristisch attraktiv im Einklang mit dem Naturschutz zu machen. Mit eingebunden sind inzwischen der Zweckverband „Presseler Heidewald- und Moorgebiet“ und der Naturpark Dübener Heide, sowie zahlreiche ehrenamtliche und organisierte Naturschützer.

Ein Besucherlenkungskonzept wurde erarbeitet, um die Schönheit der Moore auch der Öffentlichkeit nahe zu bringen. Es wartet schon sehr lange auf seine Realisierung.

 

1999 wurde die „Alte Gabel“ als Pflasterstraße neu angelegt. Der Weg um den „Markt“ mit den drei Eichen wurde 2001 saniert. Gleichzeitig wurden eine Bushaltestelle und zahlreiche Parkplätze angelegt.

 

Im Jahr 2003 wurde die „Vier“ (Verbindungsstraße B 183 – Torfhaus) saniert.

 

Im Mai 2005 wurde durch den Heimatverein Wildenhain die Holzskulptur des Moorkoboldes auf dem „Markt“ feierlich eingeweiht. Geschaffen wurde diese Skulptur im Rahmen des alljährlich stattfindenden Motorsägenwettbewerbs in Tornau durch den Doberschützer Künstler Frank Müller.

 

Kobolde (lt. Internet: „Die Naturgeister“) leben meist in ihren Elementen. Das Aussehen der Kobolde ist von Art zu Art unterschiedlich. Ihre Größe variiert zwischen einem Fuß (20 – 30 cm) und drei Fuß (90 – 110 cm).

Wie alle Naturgeister sind Kobolde zwar nicht unsterblich, aber ewig jung. Kobolde bestehen oft aus ihren Element oder Material, in den sie leben und gleichem ihm demnach auch äußerlich. Moorkobolde gehören zum Element Erde.

Die Eigenart der Kobolde ist es, mit Frohsinn und Mut das Leben zu meistern. Wenn es die Situation erfordert, zeigen sie auch durch Streiche oder Scherze, dass man die Sache nicht so ernst nehmen soll.

Ferner ist es also allen Kobolden möglich, unauffällig zu bleiben, so als seien sie nicht vorhanden. Dabei machen sie sich nicht unsichtbar, sie werden einfach übersehen.

 

Seien sie deshalb im Moor sehr aufmerksame Beobachter. Wenn sie sich Mühe geben, können sie vielleicht einen Moorkobold entdecken.

 

Auf Initiative des Zweckverbandes „Presseler Heidewald- und Moorgebiet“ wurde im „Wildenhainer Bruch“ der Beobachtungsstand an der Verbindungsstraße zwischen Torfhaus und Wildenhain für ca. 20 bis 25 Besucher erneuert und 2004 eingeweiht. Am gleichen Weg finden wir auch eine „Schulungshütte“ des Staatlichen Forstamtes.

 

An der Kreuzung der „Vier“ (Doberschütz – Torfhaus) und der Straße Battaune – Mockrehna finden wir das Grabmal eines unbekannten Soldaten (gest. 05.05.1945). Über dessen Tod werden verschiedene Geschichten erzählt. Nach der Pflege durch Else Veith und Rudi Richter wurde es durch den Battauner Herbert Pflug gepflegt. Es erhielt durch ihn 2021 eine neue Bank und der Zaun wurde neu gestrichen. Diesen Zaun setzte er selbst.  

 

Unweit des Torfhauses fanden wir den sogenannten Spechtbaum und die Fensterbuche. Leider sind im Jahre 2010 zahlreiche Buchen der Säge zum Opfer gefallen.

 

An der „Alten Gabel“ in Richtung Verbindungsstraße Falkenberg/Wöllnau erinnert eine Tafel an die Geschichte des Verlobungssteins und weist den Weg zum 230 m in südwestlicher Richtung befindlichen Standort. Dieser Stein mit dem Datum 09.05.1894 wurde vom Ehepaar Roeber (seit 1871 Besitzer des Gutes Winkelmühle) als Andenken an die Verlobung ihrer Tochter Ilse mit dem Forstassessor Axel Roth errichtet.

 

In gleicher Richtung in 400 m Entfernung findet man wahrscheinlich den kleinsten Waldfriedhof Europas. Er ist 21,85 Meter lang und 12,06 Meter breit, worauf ca. 15 Gräber zu finden sind. Hier liegt auch die Familie Roeber begraben.

 

Zahlreiche Tafeln an Wanderwegen um das Torfhaus und am Naturlehrpfad in Richtung Pressel machen auf die Schönheiten des Naturparkes Dübener Heide aufmerksam. 

 

Wer nach diesem kurzen Abriss Lust hat, das Torfhaus und seine Umgebung kennenzulernen, soll sich sofort auf den Weg machen. Hier können Sie Ruhe und Entspannung auf ausgedehnten Spaziergängen finden und so Kraft für den Alltag tanken.

 

Erreichen können Sie den Ort aus Richtung Torgau auf der B 183 in Richtung Bad Düben. Sie biegen hier ca. 1 km nach der Kreuzung Roitzsch/Wildenhain links ab, aus Richtung Leipzig die B 2 in Richtung Bad Düben und dann die B 183 in Richtung Torgau. Gleich nach der Falkenberger Kreuzung hinter Pressel weist ein kleines Hinweisschild auf den 2 km entfernten Ort Torfhaus.

 

Machen Sie sich auf den Weg!
 
Bis dann!
 
Kraxi und Wiwo.

 

Wildenhain im Dezember 2021
Text: Robert Schübel
Bilder: Robert Schübel, Günter Biebl, Gisela Petersohn